Auszubildende erleben hautnah die neuesten Erkenntnisse in der praktischen Umsetzung

 

Nur durch einen Zufall erfuhr ich Ende September 2019 durch meinen neuen Kollegen StR Matthias Zrenner in der Abteilung Landwirtschaft , dass der Maschinenring Tirschenreuth im November eine Fortbildung zum Thema „regenerative Landwirtschaft“ in Waldsassen durchführt. Andreas Henfling machte es möglich, dass ich daran noch teilnehmen konnte, obwohl die Teilnehmergrenze schon erreicht worden war.

Pflanzenbau unter diesem Blickwinkel beschäftigt mich seit langem. Immer wieder berichteten Schülerinnen und Schüler unsere Schule, dass ihre Eltern die Landbewirtschaftungsmethoden, die ein gewisser Josef Hägler in Kursen und Vorträgen empfahl und die von der herkömmlichen Auffassung abwichen, anwandten und von ihrem Erfolg begeistert seien. 2017 brachte mir Steinkohl Johannes, eine landwirtschaftlicher Berufsschüler, das Buch „Hands-on Agronomy – Der etwas andere Blick auf Bodenfruchtbarkeit von Neal Kinsey und Charles Walters“ mit, mit der Empfehlung seines Vaters – ebenfalls ein ehemaliger Schüler von mir-, dass ich mal dieses Buch lesen solle. Ich begann es zu lesen, legte es aber bald wieder zur Seite. Es gärte aber in mir weiter.

Ich sehe die Unzufriedenheit mancher Landwirte mit ihrer Situation. Ich will nur ein paar Beispiele nennen, wie die Auflagen für die Stickstoffdüngung wegen des Eintrages von Nitrat in das Grundwasser, der immer deutlicher sichtbar werdende Klimawandel, der sich durch einen Wassermangel in den Sommermonaten zeigt und die Erträge mindert, Starkregenereignisse, die die fruchtbaren Bodenteilchen davontragen, die Schwierigkeiten des Bodens, das Wasser einsickern zu lassen, weil man die Verdichtungen nicht mehr beheben kann, der Verlust (Verbot) von Wirkstoffen bei den synthetisch hergestellten Pflanzenschutzmitteln, weil sie im Trinkwasser festgestellt werden und eventuell die Gesundheit beeinträchtigen, die Ratlosigkeit, wie man ohne Glyphosateinsatz gegen Altverunkrautung weiter Minimalbodenbestellung betreiben oder pfluglos den Boden bewirtschaften kann.

Diese Fortbildung 2019 und die Kunde, dass der Referent ein Fachbuch zu diesem Thema herausgeben wird, das dann auch 2020 erschien, führten letztendlich zu diesem Wahlpflichtfach.

Inhalte des Wahlfaches:

Bodenuntersuchung nach dem Kinsey/Albrecht-Prinzip, wobei hier die Kationenaustauschkapazität in einem analytischen Verfahren ermittelt wird sowie das Ziel eine bodenartspezifische Basensättigung von Kalzium, Magnesium, Kalium, Natrium und Wasserstoffionen anzustreben.

Die Bedeutung der Bodenfruchtbarkeit begreifen und das vielfältige Bodenleben mit ihren Besonderheiten kennen und schätzen lernen.

 

 

Der Umgang mit Spaten und Sonde, um sich stets ein Bild über den Zustand des Bodens machen zu können.

Flächenrotte mit seinen Ansprüchen an die Technik und an die Fähigkeit des Landwirts mit dem nächsten Arbeitsgang warten zu können als Alternative zum „reinen Tisch“ mit seinen Problemen für die Bodenfruchtbarkeit.

Möglichkeiten einer Vitalisierung der Gülle, um neben den anderen Nährstoffen den enthaltenen Stickstoff organisch oder an Sorptionskomplexen zu binden. Hier spielen Pflanzenkohle, Gesteinsmehle, Zusätze wie Leonhardit, Zeolith und andere sowie effektive Mikroorganismen eine Rolle.

Möglichkeiten einer Vitalisierung des Pflanzenbestandes mit Pflanzenfermenten, Komposttee, effektiven Mikroorganismen sowie die Überprüfung der Wirkung, in dem man den Brixgehalt mit dem Refraktometer prüft.

Förderung einer ganzjährigen Bedeckung des Bodens mit vielfältigen Pflanzen, damit das Bodenleben in der Vegetationszeit stets mit Wurzelexudaten wie Zucker und Eiweißen versorgt ist und nicht der prallen Sommersonne mit Temperaturen an der Bodenoberfläche mit über 40 °C ausgesetzt ist.

 

Neben den theoretischen Inhalten und Zusammenhängen werden in Exkursionen Erfolge und Misserfolge von Landwirten gezeigt, die sich auf den Weg machen und einen anderen Blick auf die Bodenfruchtbarkeit, auf den Humusgehalt, auf die Pflanzengesundheit und letztendlich auf die Gesundheit von uns allen werfen.

 

 

Eine Exkursion ging zu Franz Kriechenbauer nach Bergnetsreuth. Er wirtschaftet seine Felder seit fünf Jahren nach den Bodenuntersuchungsempfehlungen nach Kinsey/Albrecht und konnte so den Humusgehalt verdoppeln. Er erkundete den Boden und zeigte die Bodenanhaftung an den Wurzeln, ein Hinweis auf den intensiven Austausch zwischen ihnen und den Bodenlebewesen.

 

 

Reinhard Häupl aus Thann bei Erbendorf brachte mit Pflanzenkohle und Gesteinsmehl vitalisierte Gülle aus und die Schüler konnten die Unterschiede zu normaler Gülle riechen und ihr Verhalten auf Blättern und Boden sehen. Er zeigte uns verschiedene Kulturen, die er ohne Fungizidbehandlungen, wohl aber mit Kompostteespritzungen gestärkt hatte. Er bereitet Komposttee und vermehrt EM für ihren vielfältigen Einsatz.

 

Der neue kompetenzorientierte Lehrplan, der seit dem Schuljahr 2019/20 umgesetzt wird, ermöglicht den landwirtschaftlichen Berufsschulen, wenn es von der Lehrerausstattung möglich ist, gegend- und themenspezifische Wahlpflichtfächer anzubieten. Mit dem Schuljahr 2020/21 boten wir in der 11. und 12. Klasse die Wahlpflichtfächer „weitere Mähdruschfrüchte“ und „regenerative Landwirtschaft“ an.

 

FJ Baeck, OStR

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